Ehrung an den Stolpersteinen in Hennigsdorf
Mitglieder von H. A.L.T., dem Hennigsdorfer Aktionsbündnis Lebendiger Teilhabe, veranstalteten aus Anlass des 83. Jahrestages der Reichspogromnacht am späten Nachmittag des 9. November 2021 an den Stolpersteinen in Hennigsdorf ein ehrendes Gedenken.
Corona-bedingt wurden die Gedenkveranstaltungen an den sechs Standorten in kleinem Rahmen abgehalten. Interessierte waren dennoch herzlich willkommen, sich dem Gedenken anzuschließen und sich so an die Menschen zu erinnern, die während der Zeit des Nationalsozialismus ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden.
Dieses Gedenken wird nun jährlich am 9. November wiederholt. Zusätzlich wird an jedem 21. März − dem Internationalen Tag gegen Rassismus − der Opfer des Nationalsozialismus gedacht.
Marwitzer Straße 48, Stolperstein für Heinrich Bartsch
Heinrich Bartsch, dem ein Stolperstein in der Marwitzer Str. 48 gewidmet ist, war einer von ihnen. Seiner gedachten vor Ort gemeinsam die Geschäftsführerin der PuR gGmbH, Frau Koegst und einige der Mitarbeiter*innen, Frau Fritsch (Ehefrau des Stolperstein-Initiators in Hennigsdorf, Herrn Dr. Fritsch) sowie der ehemalige Schüler des Puschkin-Gymnasiums Tim Karras.
Wahrscheinlich wurde Heinrich Bartsch damals von einem Teil seiner Mitbürger*innen als Querulant bezeichnet und von anderen als unbeugsamer Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime, der aufgrund dessen für Dritte vielleicht sogar als lebensmüde gegolten haben könnte – damals in den Zeiten des Terrors.
Was wissen wir über Heinrich Bartsch? Heinrich Bartsch wurde 1906 in Gelsenkirchen geboren und kam 1928 als Metaller nach Hennigsdorf, wo er im Walzwerk arbeitete. Er engagierte sich in der Gewerkschaft und war Mitglied der KPD. Es verwundert daher nicht, dass er 1928/29 im sog. 100-Tagestreik u.a. für höhere Löhne und eine bessere Arbeitslosenversicherung streikte. Das kostete ihn den Job. Er fand wieder Arbeit und wurde Lagerarbeiter in Berlin-Kreuzberg. Nach der Machtübernahme durch die NSDAP 1933 wurde er politisch noch aktiver. Bekannt ist, dass er für die KPD Hennigsdorfer Häuserwände mit antifaschistischen Slogans plakatierte und am Druck illegaler Zeitungen und Flyer beteiligt war, die er dann auch unter die Leute brachte. Gerade mal 30-jährig wurde er deswegen 1936 von der Gestapo verhaftet und musste 3 Jahre ins Zuchthaus. Nachdem er seine Haftzeit abgesessen hatte, wurde er 1939 nicht in die Freiheit entlassen, sondern wiederum durch die Gestapo inhaftiert. Mit 33 Jahren kam er ins KZ Sachsenhausen, wo er in der Schreibstube arbeitete und zum Lagerältesten gewählt wurde. Er war einer der zwischen 1936 und 1945 mehr als 200.000 Häftlinge, die dort staatlich legitimiert in unvorstellbarer Weise versklavt, gequält und als Menschen ausgelöscht werden sollten. Im April 1944, ein knappes Jahr vor Kriegsende, wurde Heinrich Bartsch nach seiner Abwahl als Lagerältester ins Sondergefängnis des KZ Sachsenhausen verlegt. Dort wurde er im Oktober 1944 mit weiteren Häftlingen aus Frankreich wegen Meuterei und Aufwiegelung erschossen.
Heinrich Bartsch war 38 Jahre, als er sterben musste. Er hinterließ seine Ehefrau und einen gemeinsamen Sohn.
Weitere Standorte von Stolpersteinen in Hennigsdorf:
Neuendorfstraße 23 für Familie Blaschke
Berliner Straße 18 für Klara und Wilhelm Busse
Waldstraße 40 für Ludwig Goldmann
Hauptstraße 13 für Elsa Ernestine Bela Lachmann
Clara-Schabbel-Straße 11 für Clara Schabbel
Weitere Informationen zu den genannten Menschen finden Sie in einer kleinen Broschüre der Stadt Hennigsdorf, die auch zum Download bereit steht unter Stolpersteine in Hennigsdorf / Stadt Hennigsdorf.